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Hinweis auf Verbraucherschlichtungsverfahren bei Wohnraumvermietung?

Janik Goldhausen • 26. März 2023

Immer häufiger findet man als Verbraucher auf Internetseiten und in Verträgen Hinweise, die exemplarisch wie folgt lauten "Wir nehmen nicht am gesetzlichen Verbraucherstreitbeilegungsverfahren teil."

Hinweise vorgenannten Inhalts nehmen die Unternehmer in der Regel nicht auf freiwilliger Basis in ihre AGB's und Internetseiten auf, sondern weil sie durch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) hierzu gezwungen werden.

Das VSBG, welches - wie könnte es anders sein - auf EU-Recht zurückgeht und Unternehmer einseitig mit weiterer Bürokratie belastet, unterscheidet in seinem Anwendungsbereich zwischen einer allgemeinen Informationspflicht (§ 36) und einer Informationspflicht nach Entstehen der Streitigkeit (§ 37).

1. Nur für Großvermieter: Die Allgemeine Informationspflicht des § 36 VSBG

Die allgemeine Informationspflicht nach § 36 trifft Sie als Vermieter dann, wenn Sie

a) als Unternehmer an Verbraucher vermieten,
b) Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB's) verwenden und
c) Ihr Unternehmen zum 31. Dezember des Vorjahres mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt hat.

Sind die vorgenannten drei Punkte einschlägig, müssen Sie Ihre Internetseite UND Ihre AGB's mit einem Hinweis darauf versehen, ob Sie zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren nach dem VSBG verpflichtet oder bereit sind (Hinweis: Punkt b) wird stets zu bejahen sein, da kaum ein Mietvertrag mit dem Mieter individuell ausgehandelt sein wird, sondern Sie sich naheliegenderweise vorhandener Vorlagen bedienen werden und sei es lediglich hinsichtlich der Hausordnung).

Da es mit Stand zum heutigen Tage zumindest keine gesetzliche Verpflichtung für unternehmerische Vermieter zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren nach dem VSBG gibt, empfiehlt es sich - sofern auch keine Bereitschaft zu einer freiwilligen Teilnahme besteht - in Ihre Mietverträge und auf Ihre Internetseite folgenden Hinweis aufnehmen:

" Wir sind weder bereit noch verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. "

2. U.u. auch für Kleinvermieter: Informationspflicht nach Entstehen einer Streitigkeit (§ 37 VSBG)

a) Allgemeines

Neben der Informationspflicht des § 36 VSBG, gibt es noch eine zweite Informationspflicht, die in § 37 VSBG normiert ist. Diese trifft neben den vorstehend definierten Großvermietern aufgrund des weiten Unternehmerbegriffs auch viele Kleinvermieter, die sich niemals als Unternehmer sehen geschweige denn so bezeichnen würden.

Konkret liegt der Unterschied der Informationspflicht nach § 37 VSBG zur vorgenannten Informationspflicht nach § 36 VSBG darin, dass die Informationspflicht vorliegend lediglich voraussetzt, dass Sie als Unternehmer an Verbraucher vermieten und zwar ungeachtet dessen, ob Sie AGB's verwenden oder zum 31. Dezember des Vorjahres mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt hatten oder nicht. Da der europarechtlich geprägte Unternehmerbegriff im Einzelfall sehr weit ist, trifft er im Einzelfall auch viele private Vermieter, die ihr(e) Objekt(e) selbst verwalten (s. hierzu untenstehend unter b).

Sind Sie Unternehmer i.S.d. Rechtsprechung müssen Sie - wenn eine Streitigkeit über den Mietvertrag mit dem Mieter nicht beigelegt werden konnte - auf eine für Sie zuständige Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von deren Anschrift und Webseite hinweisen. Zugleich haben Sie anzugeben, ob Sie zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bei dieser Verbraucherschlichtungsstelle bereit oder verpflichtet sind.

Nun könnten Sie sich darauf zurückziehen, zu sagen, "Ich vermiete als Privatmann, was interessiert mich das, ich bin sowieso nicht bereit an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen", aber weit gefehlt. Selbst wenn Sie nicht bereit sind, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, haben Sie auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen (BT-Drs. 18/5089S. 75Zu § 37).

Großvermieter, die bereits der Informationspflicht nach § 36 VSBG unterliegen (s. obenstehend), müssen - sollte eine Streitigkeit mit dem Verbraucher-Mieter nicht beigelegt werden können - gesondert noch einmal einen Hinweis nach § 37 VSBG in Textform erteilen.

Es empfiehlt sich folgender Hinweis:

" Zuständige Schlichtungsstellen sind

1. Die Universalschlichtungsstelle des Bundes, Zentrum für Schlichtung e.V., Straßburger Straße 8, D-77694 Kehl am Rhein / https://www.verbraucher-schlichter.de/start

2. Die Außergerichtliche Streitbeilegungsstelle für Verbraucher und Unternehmer e.V., Gohliser Str. 6, D-04105 Leipzig / https://www.streitbeilegungsstelle.org/

Wir sind weder bereit noch verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. "

Der Hinweis kann auch bereits dann erteilt werden, wenn noch gar nicht absehbar ist, ob die Streitigkeit beigelegt werden kann oder nicht.

Es empfiehlt sich insoweit, bei streitanfälligen Sachverhalten (Betriebskostenabrechnung, Mieterhöhungsverlangen, Modernisierungsankündigung etc.) bereits ins Ausgangsschreiben den vorbezeichneten Textbaustein formularmäßig aufzunehmen.

Der Hinweis muss nach § 37 Abs. 2 VSBG in Textform (z.B. per Mail) ergehen.

b) Abgrenzung Vermietung als Unternehmer / rein private Vermögensverwaltung

Die rechtssichere Abgrenzung, ob es sich bei der Vermietung im bereits um eine unternehmische Tätigkeit oder noch um eine rein private Vermögensverwaltung handelt, ist gerade bei kleineren privaten Vermietern im Einzelfall schwierig bis unmöglich.

Nach dem Bundesgerichtshof (BGH) beginnt die unternehmerische Tätigkeit dort, wo die Vermietung aufgrund ihres Umfangs einen planmäßigen Geschäftsbetrieb wie die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation erfordert.Insoweit solle nicht die Größe des vermieteten Objekts ausschlaggebend sein, sondern Umfang, Komplexität und Anzahl der damit verbundenen Vorgänge, die Vermietung an einzelne Mieter spreche für eine rein private Vermögensverwaltung, die Ausrichtung auf eine Vielzahl gleichartiger Verträge dagegen für ein unternehmerisches Handeln.(vgl.BGH, XI ZR 63/01).

Diese wenig handhabbaren Kriterien des BGH, die bereits aus dem Jahre 2001 stammen, haben zur Folge, dass die Intanzrechtsprechung zu teilweise gravierend voneinander abweichenden Ergebnissen kommt, wann ein privater Vermieter Unternehmer ist und wann nicht (von der Bejahung der Unternehmereigenschaft bei der Vermietung lediglich einer Wohnung durch das Amtsgericht Berlin-Lichtenberg (10 C 69/07), bis der Unternehmereigenschaft bei der Vermietung von immerhin acht Wohnungen durch das Landgericht Waldshut-Tiengen (1 S 27/07)).

Insoweit ist in dieser Frage im Zweifel Rat bei einem örtlichen Anwalt einzuholen, der die lokale Rechtsprechung kennt.

3. Folgen der Verletzung der Informationspflichten nach VSBG

Werden Informationspflichten nach dem VSBG verletzt sind Unterlassungs- & Beseitigungsansprüche nach demUnterlassungsklagengesetz (§ 2 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 12 UKlaG), wettbewerbsrechtliche Ansprüche von Mitbewerbern als auch - zumindest ausweislich der Gesetzesbegründung - Ansprüche des Mieters auf Schadensersatz wegen der Verletzung (vor-)vertraglicher Pflichten denkbar.

4. Zuständige Schlichtungsstelle(n)

Eine stets aktuelle Liste der Verbraucherschlichtungsstellen findet sich auf der Internetseite des Bundesamtes für Justiz ( https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Verbraucherrechte/Verbraucherstreitbeilegung/ListeVerbrauch... ).

Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels gibt es keine sektorspezifische Schlichtungsstelle für das Wohnraummietrecht, sodass - bei Interesse - auf die o.g. allgemeinen Schlichtungsstellen

a) Universalschlichtungsstelle des Bundes, Zentrum für Schlichtung e.V., Straßburger Straße 8, D-77694 Kehl am Rhein / https://www.verbraucher-schlichter.de/start

b) Außergerichtliche Streitbeilegungsstelle für Verbraucher und Unternehmer e.V., Gohliser Str. 6, D-04105 Leipzig / https://www.streitbeilegungsstelle.org/

verwiesen werden kann. Besteht keine Bereitschaft zur Teilnahme, reicht es auch, im Rahmen der Informationspflicht des § 37 VSBG auf eine der beiden vorgenannten Schlichtungsstellen zu verweisen

Weitere Einzelheiten zu deren Verfahren und Kosten finden sich auf den jeweiligen Internetseiten.

Hinweis: Die Zuständigkeit des auf den ersten Blick naheliegenden "Ombudsmann Immobilien IVD/VPB – Grunderwerb und Verwaltung" beschränkt sich aufBauträgerverträge, Bauverträge, Grundstückskaufverträge zu Wohnzwecken und Kaufverträge über Wohneigentum (Quelle:Liste der Verbraucherschlich tungsstellen gemäß § 33 Absatz 1 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) Stand: 2. Januar 2023).

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