Hausdurchsuchungen gehören in Deutschland zum Alltag. Ist die Durchsuchung beendet, stellt sich die Frage, wer für den Schaden aufkommt, der bei der Durchsuchung an der Substanz der Mietsache (zumeist der Eingangstür) entstanden ist.
In Betracht kommen potentiell der Mieter und die Polizeibehörden, wobei letztere den Vorteil haben, sich nicht auf Vermögenslosigkeit berufen zu können.
Eine Inanspruchnahme des Mieters scheidet indes bereits dann von vornherein aus, wenn der Mieter nicht zurechenbar Anlass zu der Durchsuchung gegeben hat. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Polizei eigentlich eine andere Wohnung durchsuchen wollte, sich allerdings in der Hausnummer irrt und beim Nachbarn eindrigt. Hier bleibt dem Vermieter nur der Rückgriff auf die Polizeibehörden.
Hat der Mieter die Durchsuchung hingegen provoziert, indem er z.B. Betäubungsmittel illegal in der Wohnung aufbewahrt hat, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Vermieter (ggf. auch neben der Inanspruchnahme der Polizeibehörden) auf den Mieter zugreifen kann.
Hiermit hatte sich der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung im Jahre 2016 zu befassen (BGH - VIII ZR 49/16).
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Mieterwohnung wurde im Rahmen einer Hausdurchsuchung durch die Polizei gewaltsam geöffnet, wobei dieGlasscheibe der Wohnzimmertür zerstört wurde. Der Vermieter ließ die Glasscheibe erneuern und verlangte hierfür Ersatz vom Mieter.
Zweck der Durchsuchung war das Auffinden von Beweismitteln, weil man vermutete, dass der Mieter Handel mit Betäubungsmitteln trieb, zum anderen lag auch ein Haftbefehl gegen den Mieter vor.
Zwar wurden im Rahmen der Durchsuchung Betäubungsmittel in der Wohnung gefunden, strafgerichtlich nachweisbar war indes nur der Erwerb, nicht allerdings das Handeltreiben.
Der BGH hat den Schadensersatzanspruch des Mieters zurückgewiesen.
So stellte der BGH in seinem Urteil zwar fest, dass die Aufbewahrung von Betäubungsmitteln in der Wohnung einen Verstoß gegen die mietvertragliche Obhutspflicht darstelle (§§ 535, 538, 241 Abs. 2 BGB), allerdings sei die Pflichtverletzung im konkreten Fall nicht ursächlich für den Schaden gewesen, da der Durchsuchungsbeschluss nicht auf die Aufbewahrung der Betäubungsmittel, sondern auf den Verdacht des Handeltreibens gestützt war, der sich im Ergebnis nicht erhärtet habe. Damit habe der Mieter auch nicht die Kosten des beschädigten Glaseinsatzes zu tragen.
Im Ergebnis ließ der BGH den Anspruch somit an dem Auseinanderfallen von Durchsuchungsbeschluss und strafrechtlicher Verurteilung scheitern.
Hinweis des Bloggers:
Solange keine abweichende Rechtsprechung ergeht, ist die Entscheidung des BGH zu beachten.
Ungeachtet dessen erscheint die BGH-Entscheidung im Ergebnis lebensfremd und konstruiert.
Der Mieter, der in seiner Wohnung illegal Betäubungsmittel aufbewahrt und hiermit seine Pflichten aus dem Mietvertrag verletzt, muss stets damit rechnen, dass es aufgrund des illegalen Besitzes zu polizeilichen Durchsuchungen kommt. Dass der BGH den Mieter von seiner Schadensersatzpflicht für den zerstörten Türeinsatz nur deshalb "freigesprochen" hat, weil der Durchsuchungsbeschluss auf das Handeltreiben, nicht aber auf den Erwerb von Betäubungsmitteln gestützt war, ist unverständlich, zumal es nicht ungewöhnlich ist, dass der Anfangsverdacht sich nur in abgeschwächter Form erhärtet. Dass der BGH den Mieter im vorliegenden Fall, in dem es sich gerade nicht um einen Zufallsfund handelt, sondern tatsächlich die gesuchten Gegenstände gefunden werden, von seiner Schadensersatzpflicht freistellt, ist damit kaum nachvollziehbar. Die gegenteilige Ansicht wäre für den BGH mit guten Argumenten vertretbar gewesen.
Im Ergebnis ist jedem Vermieter zu raten, sich nicht darauf zu verlassen, den Schaden beim Mieter zu regulieren, sondern sich (zumindest auch) frühzeitig an die zuständigen Behörden zu wenden und dort seine Ansprüche anzumelden. Hierzu sollten der Schaden und dessen Beseitigungskosten frühzeitig und ordnungsgemäß dokumentiert werden. Im Einzelfall kann es auch empfehlenswert sein, den Schaden zunächst nur provisorisch zu beseitigen, insbesondere in dem Fall, dass die Polizeibehörden die Höhe der Schäden bestreiten und eine langwierige gutachterliche Klärung erforderlich werden sollte. Ob dies praktikabel und wirtschaftlich ist, hängt indes vom Einzelfall und insbesondere der Schadenshöhe ab.
Weitergehend kann es empfehlenswert sein (über einen Anwalt) Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft zu beantragen, sich zu vergewissern, welcher Sachverhalt der Durchsuchung zu Grunde lag, ob die Durchsuchung rechtmäßig war und ob auch ein Anspruch gegen den Mieter in Betracht kommt.
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